Freitag, den 23.März 2018 im Gasthaus Witte zu Schwalingen. Mitgliederversammlung 2018 Schon der ungewöhnlich starke Andrang von Jagdgenossen und Interessierten im Gasthaus Witte zur Mitgliederversammlung 2018 der Jagdgenossenschaft Schwalingen zaubert so manches Fragezeichen nach dem Anlass des großen Interesses in die Gespräche. So warten schließlich fast 30 Anwesende gespannt auf das, was diese Versammlung vielleicht anders als die bisherigen machen könnte. Viel Routine und ein weiterer Jagdpächter. Zügig, mit viel bewährter Routine und Kompetenz werden die formalen Punkte der Tagesordnung abgehandelt. Jürgen Schachtschneider eröffnet dann der Versammlung, dass der bisherige Jagdgast und Begehungsscheininhaber für das Genossenschaftsrevier Schwalingen, Peter Henning, beim Jagdvorstand darauf angetragen hat, als weiterer Jagdpächter in den laufenden Jagdpachtvertrag 2015-2024 aufgenommen zu werden. Peter Henning sieht im Schwalinger Genossenschaftsrevier seine „jagdliche Heimat“, wie er sagt, fühlt sich in dem Revier und der Schwalinger Landschaft wohl und stimmt mit der Art und Weise überein, in der die Schwalinger Jagdpächter die Jagd im Revier ausüben. Sein Antrag wird von den derzeitigen Jagdpächtern gerne unterstützt, trägt doch Peter Henning als weiterer Jagdpächter dazu bei, dass die jagdliche Handlungsfähigkeit der Pächtergemeinschaft auch im Fall von beruflich oder gesundheitlich bedingten Ausfällen gewahrt werden kann. Ohne Aussprache findet der Antrag von Peter Henning die einstimmige Genehmigung der versammelten Jagdgenossen. Zur maximalen Anzahl der Jäger im Schwalinger Genossenschaftsrevier besteht allseitig Einvernehmen, dass es bei den im aktuellen Pachtvertrag vereinbarten 10 Jägern bleibt. Durch die Aufnahme von Peter Henning als sechstes Mitglied der Pächtergemeinschaft wird also die zulässige Anzahl von Begehungsscheinen (Jagdgäste) zukünftig auf vier begrenzt. Handlungsspielraum bei knapper Kasse. Überraschen kann es nicht, dass es um den Kassenbestand der Jagdgenossenschaft Schwalingen nicht üppig bestellt ist, seitdem die Jagdpacht 2015 gesenkt wurde - aus guten und einvernehmlichen Gründen, wie bekannt. Da anderseits die laufenden Kosten der Jagdgenossenschaft, wie u.a. Verbandsbeiträge oder Kosten der Jagdkatasterpflege, sich kaum unter ein Mindestmaß senken lassen, stellt Kassenwart Henning Schröder einen kontinuierlich sinkenden Kassenbestand fest. Jürgen Schachtschneider berichtet von den Vorstandsberatungen zu diesem Thema. Er weist auf die Pflicht der Jagdgenossenschaft zum Schadensausgleich bei Wildschäden hin, deren Kosten über den Beteiligungsbetrag der Pächtergemeinschaft hinausgehen. Dazu sind entsprechend Rücklagen vorzuhalten. Andererseits fehlt es durch den sinkenden Kassenbestand der Jagdgenossenschaft zunehmend auch an finanziellem Handlungsspielraum für ungeplante Ausgaben oder Zuschüsse zu förderungswürdigen Projekten. Eine lebhafte Diskussion löst der Vorschlag des Jagdvorstandes aus, die Kassenlage dadurch zu verbessern, dass zukünftig ein geringer Anteil des Jagdgeldes pro Hektar nicht mehr an die Jagdgenossen ausgekehrt werden, sondern in der Kasse der Jagdgenossenschaft zur Verfügung des Jagdvorstandes verbleibt. Für die Schwalinger Jagdgenossen ist es alles andere als normal, ihr Jagdgeld auf diese Weise gekürzt zu sehen. Andererseits wird diese Praxis in nachbarlichen Jagdgenossenschaften schon lange Jahre ausgeübt, wie Jagdvorsteher Jürgen Schachtschneider in Erinnerung ruft. Zum immer reizvollen Thema Geld kommt die engagierte, auch kontroverse Aussprache unter den Versammelten über den Vorschlag des Jagdvorstandes zu keinem einvernehmlichen Ergebnis. Die abschließende Abstimmung unterstützt zwar den Antrag des Jagdvorstandes mehrheitlich mit Vertrauen und ohne bestimmte Zweckbindung, aber bei vielen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen. Reizthemen Wolf und Afrikanische Schweinepest In seinem „Bericht der Jagdpächter“ ist Jagdleiter Manfred Lünzmann bemüht, trotz der Fülle und Vielfalt der jagdlichen Themen ihnen in Kürze ausreichend Raum und Zeit zu geben. Die Wildunfälle sind leider weiterhin auf recht hohem Niveau. Die Vergrämungsmaßnahmen an den bekannten Gefahrenstrecken werden fortgesetzt, obwohl ein Nachlassen der Wirkung durch Gewöhnung nicht ausgeschlossen werden kann. Die Jagdstrecke 2017/2018 im Schwalinger Genossenschaftsrevier zeigt keine besonderen Auffälligkeiten gegenüber anderen Jahren: Das erlegte Rehwild liegt im Rahmen des vereinbarten Abschussplanes, 3 Stücke weibliches Damwild wurden zur Strecke gebracht, 8 Wildschweine, dazu Füchse, Waschbären, Marder und einige Krähen. Vom Niederwild, besonders dem Federwild kann Manfred Lünzmann nur bedauernd  berichten: „Es liegt völlig darnieder!“ Hier wünscht er sich nachhaltig greifende Maßnahmen, deren Lebensraum, ihre Nahrungsgrundlage zu verbessern. Jeder seiner aufmerksamen Zuhörer versteht das sehr gut: Sieht man zufällig einen Feldhasen, ist es eine Überraschung. Waren noch vor wenigen Jahren in der Schwalingen Gemarkung auch Rebhühner anzutreffen (siehe Titelbild), so gibt es hier heute keine mehr. Kaum jemand kann sich erinnern, wann er den letzten stolzen Fasanenhahn oder eine Henne im Schwalinger Revier gesehen hat. Doch unweigerlich drängt sich das Thema „Wolf“ in den Vordergrund, ebenso die fortschreitende Ausbreitung der Afrikanischen Schweinpest unter dem Schwarzwild. Krass lassen sie die normalen Themen der Schwalinger Jagd verblassen. Beide besorgniserregenden Entwicklungen beschert uns weniger die Natur, sie sind vielmehr „menschengemacht“: Der Wolf vermehrt sich und breitet sich ungehindert aus, weil es Menschen so wollen und zulassen. Die tödliche Schweinepest verbreitet sich so rasant unter den Wildschweinen auch in unsere Richtung Westeuropa - nicht nur, weil sich Wildschweine gegenseitig anstecken, sondern, weil die grenzenlos mobilen Menschen die gefährlichen Erreger unbewusst an Fahrzeugen, Kleidung und weggeworfenen Essenresten einschleppen und verteilen. Auch im Schwalinger Genossenschaftsrevier werden Wolfsrisse an Wildtieren registriert, bei ungewisser Dunkelziffer. Noch sind es wohl durchziehende Einzeltiere. Ein ortsfestes Rudel ist, anders als in Nachbarrevieren, hier nicht bekannt. Angekommen ist die Afrikanische Schweinepest unter den Wildschweinen in Deutschland wohl noch nicht. Aber Behörden und Jägerschaft sind höchst alarmiert, dass das schon bald der Fall sein könnte – mit gravierenden Risiken und Folgen für Schweinezüchter und -mäster und den gesamten daran hängenden Wirtschaftskreislauf. Als vorbeugende Maßnahme haben sich die Jägerschaften verpflichtet, den Bestand an Wildschweinen überall in Deutschland weiterhin und nochmals drastisch zu senken. Manfred Lünzmann zur Jagd auf Schwarzwild: „Das schier unbegrenzte Futterangebot durch nachwachsende Rohstoffe, die sichere Deckung in den undurchdringlichen Maisschlägen hat den Bestand an Wildschweinen über Jahre anschwellen lassen. Die intensive Bejagung des Schwarzwildes hat uns Jäger in Schwalingen zu genauen Kennern diese Wildart gemacht. Ihre extreme Anpassungsfähigkeit nötigt fast Respekt ab. Sie sind äußerst schwer und nur mit hohem Zeitaufwand zu bejagen. Ihre große Lernfähigkeit, ihre Cleverness, machen jeden Jagderfolg unplanbar und ungewiss. “ Aus Manfred Lünzmann’s Darstellung kann man durchaus entnehmen, dass bei aller Bereitschaft der Jäger, sich hier nach Kräften einzubringen, schon jetzt die Grenzen zumutbarer Belastung und der Möglichkeiten erreicht sind. So fehlen für eine drastische Steigerung der Wildschweinstrecke realistisch wohl die Voraussetzungen. Eine vieldeutige Anmerkung von Manfred Lünzmann wirft ein Schlaglicht auf einen schwierigen Balanceakt in diesem Zusammenhang: „Bei der drückenden öffentlichen Erwartung hoher Abschusszahlen beim Schwarzwild könnte sich manch ein Jäger vielleicht verleiten lassen, das Schießen über die Waidgerechtigkeit zu stellen. Das wird in Schwalingen nicht passieren!“ Einmal mehr bewährt sich das Vertrauen der Schwalinger Jagdgenossen in ihre Pächtergemeinschaft. Wolf mit Nebenwirkungen Der Wolf tut, was er von Natur aus soll: Er beschafft sich Nahrung aus der freien Wildbahn und vermehrt sich, so gut er kann. Seine Vermehrung kommt so stark voran, weil der Mensch, sein einziger Feind in unserer Gegend, sich entschlossen hat, ihn gänzlich zu schonen. Wenn sich der Wolf, weil es für ihn keinen Unterschied macht, auf der Nahrungssuche an einem Haustier oder an dem Vieh des Menschen vergreift, legt der Mensch Geld als Entschädigung auf den dadurch entstandenen materiellen Schaden. Der Mensch hat viel Geld. Das bietet er an, wenn ein Mensch einen Zaun um seine Haustiere und sein Vieh bauen will, damit der Wolf bei seiner Nahrungssuche sie nicht erreichen kann. Geld als Entschädigung für Wolfrisse gibt es nur noch, wenn der schützende Zaun vorschriftsgemäß „wolfssicher“ gebaut ist. Der Wolf verbreitet sich, schneller und schneller in alle Richtungen. Der Mensch liebt  seine Haustiere und braucht sein Vieh um Geld zu verdienen. Also baut er wolfssichere Zäune. Überall. Mehr und mehr. Höher und dichter. Verständlich. Er hat keine Wahl, wenn er die Schonung des Wolfes nicht doch überdenken will. Aber sein Tun hat Nebenwirkungen – Und eben diese Nebenwirkungen bringt Jagdvorsteher Jürgen Schachtschneider auf den Tisch der Versammlung, quasi als Höhepunkt. Was er vorträgt, drängt all die anderen schon behandelten Themen sofort in den Hintergrund. Jedem der Anwesenden ist schlagartig klar, dass man nun bei dem Besonderen dieser Versammlung angekommen ist: Denn diese wiederum menschengemachten Nebenwirkungen des Wolfes bergen Zündstoff für Konflikte, die eigentlich keiner will. Jürgen Schachtschneider berichtet: Schon vor einigen Jahren ist eine Pferdeweide im Schwalinger Genossenschaftsrevier zum Schutz gegen den Wolf mit einem Zaun umgeben worden. Es wurde ein so dichtes Zaungeflecht gewählt, dass kein Wild mehr durchschlüpfen kann. Der Zaun verdrängte das Rehwild von seinem angestammten Äsungs- und Ruheplatz auf der geschützt liegenden Wiese am Schwalinger Bach. Es gab kritische Stimmen unter den Jägern, in der Jagdgenossenschaft, im Dorf – ohne Folgen für den Zaun um die Pferdeweide. Nun aber sind vor wenigen Wochen mehrere Hektar Wiesen am unteren Schwalinger Bach mit einem elektrisch geladenen Zaun umgeben worden, ein für die Dauer angelegter Herdenschutzzaun, wolfssicher, wie es heißt. Unübersehbar verändert er das Landschaftsbild. Durch den starken Strom in den dicht gespannten Seilen ist er undurchdringbar für das Wild. Wo der Wolf nicht durch soll, kann eben auch kein Wild mehr durch. Der Zaun durchschneidet altbekannte, regelmäßig benutzte Wildwechsel, trennt Fluren voneinander auf einer beachtlichen Länge. Die Möglichkeit, als Jagdgenosse das Projekt beim Jagdvorstand anzukündigen oder abzustimmen, hat der Errichter des Zaunes nicht genutzt. Er ist auch nicht unter den Versammelten, um die drängenden Fragen zu beantworten. Nebenwirkung mit Folgen Wenn aber diese undurchdringbar eingezäunten Wiesen kein Lebensraum für das Wild mehr sein können, was bedeutet das für die Schwalinger Jagd? Die Versammelten sind bei dieser Sachlage nicht überrascht: Die Schwalinger Jagdpächter sind sich einig darin, dass diese Flächen nicht mehr bejagt werden können. Auf der eingezäunten Pferdeweise jagen sie sowieso schon lange nicht mehr. Sie sehen es als richtig an, wenn die vertraglich vereinbarte Jagdpacht um den auf derart eingezäunte Flächen entfallenden Anteil verringert werden würde. Es folgt unter den nachdenklichen Jagdgenossen eine ernsthafte, konstruktive Auseinandersetzung mit dem Problem und seinen Weiterungen. Ist auch das Verständnis für notwendigen Herdenschutz gegeben, so geht es doch um einen weitreichenden Eingriff in das Schwalinger Genossenschaftsrevier, in den Lebensraum des Wildes, in die Schwalinger Jagd. Ein Dilemma: Es ist kaum zu rechtfertigen, dass von Jagdpächtern erwartet wird, Jagdpacht für Flächen zu bezahlen, auf denen sie die Jagd nicht ausüben können. Ebenso erscheint es nicht gerechtfertigt, dass Grundbesitzer für Flächen, die sie durch auf Dauer angelegte Einzäunung für Wild unzugänglich machen und so der Jagdausübung entziehen, Jagdgeld erhalten. Es wird schließlich klar, dass vor diesem gegebenen Beispiel der Auswirkungen eines Herdenschutzaunes in der Landschaft, im Revier, und der möglicherweise kontroversen Interessenlage der Beteiligten, eine grundlegende Aufstellung der Schwalinger Jagdgenossenschaft gebraucht wird, die im fairen Miteinander die legitimen Interessen der Schwalinger Genossenschaftsjagd wahrt. Mit einstimmigem Beschluss beauftragt die Mitgliederversammlung abschließend den Jagdvorstand, eine rechtlich tragfähige, bindende Regelung auszuarbeiten, die vorsieht, dass „Flächen, die durch Einzäunung für Wild dauerhaft unzugänglich sind, nicht zur bejagbaren Fläche des Gemeinschaftlichen Jagdbezirks Schwalingen gehören.“ Die entsprechende Beschlussvorlage soll vom Jagdvorstand als Tagesordnungspunkt auf der nächsten Versammlung der Schwalinger Jagdgenossen vorlegt und zur Abstimmung gebracht werden. Wie gesagt: Eine Mitgliederversammlung, alles andere als „normal“ -
© Fotos: HDMueller, Schwalingen

alles andere als „normal“ -